Passend zu unserer Serie “Geld mit Basteln“, konnte ich ein Telefoninterview mit einer Dame führen, die mit einem Online-Bastelshop angefangen hat und nun ihren eigenen Bastelladen besitzt.
Besonders hat mich natürlich interessiert, wie sie zu dieser Geschäftsidee kam und warum sie das Modell nach einiger Zeit umgewandelt hat. Außerdem wollte ich Verkaufstipps für unsere Leser erhaschen, die geht man nach unserer Umfrage, auch fleißig Bastelsachen verkaufen.
Zum Onlineshop – wie die Jungfrau zum Kind
Roswita Fraller, Baujahr 1953, 3 Kinder aus Steyr (AT), eröffnete 2003 ihren ersten Online-Shop. Seit 2009 besitzt Sie den Bastelladen “Die Tandl Rosi” am Stadtrand von Steyr. Ihr Mann war Schreiner und hatte 2002 einen Schlaganfall, war danach arbeitsunfähig und ist jetzt Rentner. Die Rosi, wie sie alle nennen, schrieb mich schon vor einiger Zeit wegen meiner Nikolaustüte an, jetzt hat es endlich mit dem Interview geklappt:
Rosi du bist jetzt seit gut 10 Jahren selbstständig und verdienst mit Bastelmaterial und Bastelarbeiten dein Geld, wie kamst du dazu?
Wie die Jungfrau zum Kind *lacht*. Nach der Krankheit meines Mannes, standen wir da, ich habe vor vielen Jahren Buchhalterin gelernt, war jedoch die meiste Zeit meines Lebens, Hausfrau und Mutter. Aufgrund des Berufes meines Mannes, hatten wir drei Garagen und zwei Gartenhütten voll Werkzeug, Holz und sonstigen Tand, den wir durch seine Arbeitsunfähigkeit nicht mehr brauchten. Also habe ich kurzer Hand alles fotografiert und Ebay-Auktionen gestartet.
Wie das so ist, hatten wir so viele Sachen gelagert, dass ich in kürzester Zeit, teilweise über 300 Auktionen parallel laufen hatte. Täglich waren Leute da, um Sachen abzuholen, nicht alles war ideal zum Verschicken.
Mein Mann hatte vor Jahren mit unserem ältesten Sohn Laster, Züge und Bagger aus Holz gebaut, die seitdem in der Garage lagen und von der Familie total vergessen wurden. Beim “Ausmisten” stieß ich darauf und stellte diese ebenfalls in Ebay, in der Hoffnung vielleicht noch einen oder zwei Euro damit zu verdienen und wenn nicht, ist es auch nicht so schlimm.
Nach sieben Tagen konnte ich es nicht glauben, die selbst gebauten Maschinen meiner Männer, brachten ungefähr 700,00 Euro ein und da entstand bei mir die Idee, Bastel-, Näh- und Stricksachen, die ich selbst herstelle, professionell, über einen Ebay-Shop zu vertreiben.
Was hast du genau gebastelt und verkauft und wie lange hast du die Plattform Ebay genutzt?
Gebastelt habe ich eigentlich alles *lacht*. Ich habe Kissen mit Motiven bestickt, Babysocken gestrickt, gebogenen Metallmodeschmuck gebaut und FIMO Stangen (Canes) gemacht.
Später habe ich dann auch Bastelmaterial selbst hergestellt, also beispielsweise Papierstreifen und Holzperlen, was ich dann ebenfalls zum Verkauf angeboten habe.
Meinen Ebay-Shop habe ich 2008 endgültig aufgelöst.
Hast du noch woanders verkauft? Also auf anderen Plattformen oder warst du auf Flohmärkten?
Zwischen 2007 und 2009 war ich noch sehr stark auf DaWanda aktiv und dort auch relativ erfolgreich. Auf Märkten war ich nicht, dafür hatte ich keine Zeit mehr.
Erzähl mal, wie sah so dein Tagesablauf aus? Hattest du Hilfe? Konntest du und deine Familie gut von den Verkäufen leben?
Mein Tagesablauf war, dass ich um 6:00 Uhr aufgestanden bin und meine Kinder versorgt habe, bis diese in der Schule/Arbeit waren. Mein Mann, war ja nun zu Hause und kümmerte sich derweil schon um die E-Mails.
Bis meine Kinder zum Mittagessen kamen, waren wir nur damit beschäftigt, Pakete zu verpacken, die mein Mann dann vor dem Mittagessen zum Paketdienst brachte. Ich habe dann für meine Familie gekocht und war dann bis 16:00 Uhr mit Hausarbeit und/oder den Sorgen meiner Kinder beschäftigt, mein Mann erstellte in dieser Zeit neue Angebote. Von 17:00 Uhr bis 23:00 Uhr habe ich dann gebastelt, 7 Tage die Woche.
Leben konnten wir davon zu Anfang sehr gut. Mein Bastelshop war einer der ersten auf Ebay und so hatte ich sehr viele Stammkunden. Auf DaWanda war es ähnlich. Das Ganze ging also gute fünf Jahre so, bis 2008.
Onlineshop am Preisdruck gescheitert
Klingt nach sehr harter Arbeit die sich jedoch gelohnt hat, warum hast du damit aufgehört?
Mein Onlinegeschäft ist am Preisdruck gescheitert. Der Bastelmarkt wurde ab 2006 stark mit chinesischen Fabrikaten überschwemmt, hinzu kommt, dass viele meiner Produkte auf Amazon billiger verkauft wurden.
Was war mit DaWanda und deinen Bastel- bzw. Strickarbeiten?
Hier war es anders. Im ersten Jahr hatte ich viele Verkäufe, danach ging das sehr stark zurück. Auf DaWanda hast du eben nur eine begrenzte Anzahl an Bastlern, die irgendwann alles haben.
Zu dem Entschluss aufzuhören kamen wir dann Anfang 2008, als mein Mann sagte, dass es so nicht weiter geht. Du weißt ja Vroni wie lange es dauert, bis eine Bastelarbeit fertig ist und wenn du dann am Ende pro Paket einen Euro verdienst und am Ende des Monats nichts mehr dabei rum kommt, ist es nur noch Stress. Ungesunder Stress, der auch meinen Mann damals krank gemacht hat.
Warum hast du dann trotzdem noch einmal einen Bastelladen eröffnet?
Ich hatte viele Stammkunden aus Oberösterreich, die direkt bei mir über Telefon bestellt haben und die Sachen dann auch abholten. Ich liebe den Kontakt mit Menschen, ich bin ein totaler Familienmensch. Bis zu meiner Rente war es noch ein langer Weg und nur von meinem Mann konnten wir nicht leben. Also investierten wir alles, was wir mit unserem Onlinegeschäft verdienten in “Die Tandl Rosi”.
Was ist jetzt anders und wie läuft das Geschäft?
Anders ist das ich jetzt geregelte Arbeitszeiten habe. Montag bis Samstag können die Leute von 9.30 Uhr – 19.00 Uhr zu mir kommen.
Mein Bastelmaterial stelle ich jetzt nicht mehr selbst her, sondern kaufe es ein. Bei mir gibt es jedoch kein “Chinazeug”, sondern nur nachhaltig produzierte Dinge (Hölzer/Papier/Metall), bevorzugt aus Österreich.
Bei meinen Bastelarbeiten habe ich mich jetzt auf Modeschmuck aus Metall spezialisiert.
Das Geschäft läuft vom ersten Tag an sehr gut. Ich habe im Eröffnungsjahr gleich eine Verkäuferin (Ursl) und in Zwischenzeit auch Freundin, einstellen können. Seit 2010 habe ich auch einen Lehrling (Katrin), die bei uns Kauffrau lernt.
Was bietest du noch im Laden an? Machst du auch noch Onlineverkäufe?
Nein online mache ich nichts mehr, ich habe nicht einmal eine Ladenwebseite.
Seitdem die Ursl bei mir arbeitet, die eigentlich Kindergärtnerin ist, bieten wir jeden Donnerstag im Nebenraum unseres Ladens, Kindergeburtstage an. Da wird dann gebastelt, gespielt und es gibt meine selbst gebackenen Kuchen.
Ich mache meistens Samstag am Nachmittag was mit einer Seniorengruppe. Dort stricken wir und ich lausche den Geschichten, über die Intrigen der europäischen Königshäuser, wir trinken Kaffee und essen Kuchen. Außerdem geben mir die Damen dann immer Tipps wie ich meinen Verkaufsladen anders gestalten kann und mit wem ich meine Kinder verheiraten soll. *lacht*
*Überlegt* achso und wir machen individuelle Karten. Einladungs- oder Tischkarten für Gesellschaften oder Messen.
Wahnsinnig tolle Erfolgsgeschichte. In unserer Umfrage haben wir herausgefunden, dass viele unserer Leser auch ihre Bastelsachen online verkaufen. Hast du irgendwelche Tipps oder Ratschläge?
Ich kann nur das sagen, was ich meinen Kindern immer versucht habe zu vermitteln: “Seid fleißig und habt Geduld“. Außerdem ist man nie zu alt, um sein Leben noch einmal grundlegend zu ändern.
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